Sonntag, Juli 20, 2008

Musik als Ausdruck des politischen und wirtschaftlichen Globalzustands: Bossa Nova

Vor 50 Jahren wurde die erste Bossa Nova-Platte veröffentlicht. Volker Schmidt stellt dazu auf Zeit Online fest, dass diese Stilart nicht zufällig zu einer Zeit gesellschaftlichen und ökonomischen Optimismus in Brasilien entstanden ist:

"Die Melancholie, mit der Gilberto und Jobim nuschelten[...], erzählte von Sehnsucht, von lüsterner Schläfrigkeit in einem aufgeheizten Zeitgeist."

So sei es auch nicht verwunderlich, dass dieses Genre, gerade in den "hedonistischen neunziger Jahren" im Rahmen der Eventkultur der New Economy (After-Work-Partys, Lounge-Clubs) ein ansehnliches Comeback feiern konnte.

Montag, Juli 07, 2008

Obamas Playlist

Bereits an dieser Stelle (hier, hier) wurde vermeldet, dass der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama Unterstützung von weiten Teilen der US-Popkultur erfährt. Einen entsprechend breitgefächerten eigenen Musikgeschmack gab Obama wiederum zuletzt auch in einem Interview mit dem Rolling Stone Magazin an. Die Süddeutsche kann sich jedoch (wohl zurecht) des Eindrucks nicht erwehren, dass bei der angegebenen Zusammensetzung bewusst viele Geschmäcker bedient werden sollten, welche die Vorlieben seiner breiten Unterstützerkoalition repräsentieren.
Auf Obamas Playlist findet man sowohl die alten Helden der Bürgerrechtsgeneration (Bob Dylan, Rolling Stones), die Hits der 1970er Jahre (Elton John, Earth, Wind & Fire), die Stars der aktuellen Hip Hop-Jugendkultur (Ludacris, Jay Z, Beyonce) für die Jungwähler und auch bekannte Jazzgrößen (Miles Davis, John Coltrane, Charlie Parker) dürfen nicht fehlen.
Einzig für die weiße Arbeiterschicht sei nichts dabei, moniert die SZ. Dies sei umso tragischer, da sich Obama bei dieser Wählergruppe ohnehin bisher schwer tat. Es muss allerdings gefragt fragen, ob der betreffende Autor Jens-Christian Rabe wirklich mit dem Schaffen des ebenfalls genannten Bruce Springsteen ausreichend vertraut ist, stellt in dessen Liedtexten doch das Leben des einfachen Amerikaners das zentrale Thema überhaupt dar.

Dienstag, Mai 06, 2008

Musikanten zu Fragen der Innen- und Außenpolitik #003

Besonders seit der Präsidentschaft von George W. Bush äußern sich in den letzten Jahren nicht nur in den USA wieder mehr Musiker zu politischen Themen. Der zugrunde liegende Sachverstand variiert dabei- ähnlich wie beim Rest der Bevölkerung- beträchtlich. Diese Rubrik versucht monatlich einen Überblick über politische Äußerungen von Pop-Acts in den Medien zu liefern.

Ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Herangehensweise mit der man als politisch denkender Musiker über gesellschaftliche Verhältnisse schreibt im Laufe eines Musikerlebens signifikant ändern kann, liefert Marcus Wiebusch (Kettcar). Im Spiegel-Interview geht es dabei auch um seine Texte bei seiner früheren Band ...But Alive. Aus heutiger Sicht waren diese viel expliziter politischer Natur, während Kettcar-Songs eher auf der zwischenmenschlichen Ebene anzusiedeln sind. Den Vorwurf er sei deshalb unpolitischer geworden, lässt er jedoch nicht gelten, der Wandel spiegele vor allem auch einen anderen politischen Zeitgeist wieder: Das neue Album der Band sei sogar bewusst mit der Vorgabe geschrieben worden, die Unzufriedenheit an der aktuellen gesellschaftlichen Situation zu artikulieren. Da sich jedoch auch die politische Welt heutzutage viel komplexer darstelle, sei es schwieriger geworden hierauf adäquate Antworten im Parolen-Format zu liefern.

Obgleich man das musikalische Schaffen von Chris de Burgh im besten Falle ignorieren kann, ist das diplomatische Vorspiel seines möglichen Auftritts als erster westlicher Popmusiker seit der Islamischen Revolution (1979) im Iran dennoch interessant zu verfolgen. Während islamische Mullahs Popkonzerte seitdem aus religiösen Gründen untersagt hatten, wäre ein Auftritt des Iren von Seiten des iranischen Kulturministeriums im Jahr 2008 durchaus möglich. Der Musiker will sich laut Spiegel-Meldung dennoch nicht politisch vereinnahmen lassen und gibt an: "Ich freue mich, dass meine Musik in Iran gefällt. Ich singe für die Menschen, nicht für Regierungen."

Abschließend wieder mal US-Wahlkampf: Michael Stipe (R.E.M.) engagiert sich diesmal weniger als noch 2004. Er würde sich Barack Obama als Präsidenten wünschen, weil dieser nicht Teil des Washingtoner-Establishments ist. Generell vertritt er im Interview mit den Nürnberger Nachrichten die Ansicht, dass durch Popmusik alleine kaum gesellschaftliche Veränderungen möglich sind. Musiker wie er könnten allenfalls hierfür einen Anstoß liefern. Auch Tariq Trotter (The Roots) unterstützt Obama- Hauptgrund: Obama wird als Politiker wahrgenommen, der kaum Verbindungen zu den großen Konzernen hat und stelle somit ein Gegengewicht zu diesen dar. Am meisten besorgt ist er über den Klimawandel und die hohe Kriminalitätsrate. Im Spiegel-Interview gibt er zudem an, sich auch nicht zu schade für die Basis-Arbeit vor Ort der Obama-Kampagne zu sein. Weitere neue Obama-Unterstützer laut taz: Bruce Springsteen, Pearl Jam, Dave Matthews und der Jazzer Herbie Hancock.

Donnerstag, April 24, 2008

Fundstücke Vol. 6: Norbert vermisst Bushido

Daer Norbert vermmist volll seine Bushido-CD, und so. War zufohr geewesen in de Tiergardn und habn gemach Fhoto mit de Handy von dä Eisbährnbebi. Wem die CD gefunnden, soll sich hier melden, Allter! Dem CD gehörrt nämhlich seinem grosse Bruhder Jörg (13 Jaare) un der komm sons gans hart drauff, weis du. Weil einer wo dem kent hat mier gesach, ders vol de Endgegna!

Freitag, März 21, 2008

Steinbrück macht auf dicke Hose

Gewöhnlicherweise kommt ja dem Außenminister einer Regierung in der Bevölkerung die größte Popularität zu, sofern er sich nichts größeres zu Schulden kommen lässt. Der klassische "Prügelknabe" der Bürger ist dagegen im Normalfall der Finanzminister. Kein Wunder, dass man als Finanzminister auch mal zurück dissen will. So präsentiert sich Peer Steinbrück derzeit als "RapPeer" auf einer eigens vom Finanzministerium eingerichteten Domain hier im Netz. Soll heißen, nicht mehr ganz so "freshe" Beats aus der Helmut-Kohl-Ära wurden mit Samples in Form von Steinbrück-Statements unterlegt. Dass Steinbrück mit dem Tragen eines "P€€RLIN" Sweaters dabei auch "Props" an die Berliner Aggro-Szene geben will, kann nicht ausgeschlossen werden.

Freitag, März 14, 2008

Musikanten zu Fragen der Innen- und Außenpolitik #002

Besonders seit der Präsidentschaft von George W. Bush äußern sich in den letzten Jahren nicht nur in den USA wieder mehr Musiker zu politischen Themen. Der zugrunde liegende Sachverstand variiert dabei- ähnlich wie beim Rest der Bevölkerung- beträchtlich. Diese Rubrik versucht monatlich einen Überblick über politische Äußerungen von Pop-Acts in den Medien zu liefern.

Die Frankfurter Rundschau lässt Wolfgang Niedecken (BAP) in einem ganzen Artikel die Verdienste von Bundespräsident Köhler loben. So habe dieser durch seine Afrika-Politik dafür gesorgt, dass den Problemen dieses Kontinents heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als je zuvor. Der Sänger wünscht sich deshalb, dass Köhler 2009 wiedergewählt wird.

Neil Young
lästert im Interview mit der gleichen Zeitung mal wieder über die Bush-Administration. Andererseits glaubt er nicht mehr daran, dass Popmusik heutzutage politisch etwas bewegen könne, es sei deshalb an der Wissenschaft gesellschaftliche Veränderungen hervorzurufen. Er scheint dabei vor allem an die Naturwissenschaft (Stichwort Klimawandel) zu denken. Dies scheint etwas zu kurz gedacht, da die exakten Wissenschaften alleine keineswegs in der Lage, sind normative Fragen hinsichtlich der Richtung sozialen Wandels zu beantworten.

Selbst Billy Bragg möchte heutzutage lieber über seine persönlichen Songs definiert werden. Im Gespräch mit dem Stern plädiert er daneben dafür, Fragen der nationalen Zugehörigkeit nicht den Rechten zu überlassen. Ihm schwebt dabei ein Patriotismus vor, welcher keine fremdenfeindlichen Aussagen impliziert, sich nicht gegen andere Länder stellt und auch Migranten miteinschließt.

Im Faz-Interview mit Nick Cave beklagt dieser, dass die heutige laissez-faire-Gesellschaft daran Schuld sei, dass Musik weniger begeisternd ist. Dies läge daran, dass es kaum noch Dinge gebe, gegen die man ankämpfen könne.

Dies scheint jedoch keineswegs pauschal zu gelten. So berichtet der Stern darüber wie Björk mit dem Pro-Tibet-Song "Declare Independence" während eines Shanghai-Konzerts chinesische Behörden entzürnt hat. Bereits früher habe sich die Sängerin für eine Unabhängigkeit des Kosovos engagiert.

Um den aktuellen US-Vorwahlkampf kommt diese Rubrik natürlich auch diesen Monat nicht herum. Wie die Faz berichtet, kann Obama auf die Unterstützung "weiter Teile des Rhythm & Blues, Hip-Hop und Soul zählen": Stevie Wonder, Will Smith und Usher. Weitere Unterstützer: Elvis Costello, Jeff Tweedy (Wilco), Joan Baez und Joanna Newsom. Hillary Clinton favorisieren dagegen Madonna, Carly Simon, Tony Bennett, Barbra Streisand und Überraschung: 50 Cent & Merle Haggard. Auch Jon Bon Jovi hat sich mittlerweile für Hillary entschieden. Weiter wird über Wahlkampf-Musik diskutiert: Clinton hat mittlerweile auf den Celine Dion-Song, welcher per Abstimmung von ihren Anhängern gewählt wurde (hier bereits berichtet) verzichtet, zugunsten einer Bachmann Turner Overdrive-Nummer. Der republikanische Bewerber McCain hätte dagegen gerne Material von Tom Petty und John Mellencamp genommen, was von beiden allerdings harsch abgelehnt worden war. Obama greift dagegen bei seinen Auftritten auf alten Soul zurück. Trotz der großen Unterstützung aus dem Hip Hop-Lager wird auf dieses Genre jedoch weitgehend verzichtet. Es wird vermutet, die oft kontroversen Texte könnten die Wahlchancen schmälern.

Montag, Februar 18, 2008

Musikanten zu Fragen der Innen- und Außenpolitik #001

Besonders seit der Präsidentschaft von George W. Bush äußern sich in den letzten Jahren nicht nur in den USA wieder mehr Musiker zu politischen Themen. Der zugrunde liegende Sachverstand variiert dabei- ähnlich wie beim Rest der Bevölkerung- beträchtlich. Diese Rubrik versucht monatlich einen Überblick über politische Äußerungen von Pop-Acts in den Medien zu liefern.

Im Zündfunk-Interview berichtet Henry Rollins (Ex-Black Flag) ausführlich von seinem politischen Engagement. Wie Roderich Fabian erfährt, spendet er z.B. einen Teil seiner Album-Erlöse an gemeinnützige Bürgergruppen (Armut, Bürgerrechtsverletzungen, Drogen, Veteranen etc.). Gegen Ende des Interviews kommt er schließlich auf das aktuelle Thema "staatliches Rauchverbot", sowie seine kürzlichen Reisen durch arabische Länder zu sprechen.

Einen lesenswerten Artikel über "Irans heimliche Rockszene" findet man in der Faz. Also aus einem Land, indem jedwede musikalische Betätigung, zwangsläufig politisch scheint. Während das Regime Chris de Burgh demnächst "als ersten westlichen Rockstar" auftreten lassen wird, erfreut sich auch dort bei der Jugend Rap immer größerer Popularität.

Selbst Herr Jon Bon Jovi überraschte im Januar mit einigem politischen Sachverstand im Interview mit der Frankfurter Rundschau. Thematisiert wird die politische Lage in den USA, der aktuelle Wahlkampf etc., aber auch inwieweit Musiker sich politisch äußern sollten. Er selbst wird 2008 bei den Präsidentschaftswahlen (wieder) für die Demokraten stimmen, hat sich aber noch nicht für einen der Kandidaten entschieden.

Nachdem die Berliner egotronic in den letzten Monaten mit der provokanten Single "Raven gegen Deutschland" für Aufsehen gesorgt hatten, war es klar, dass sie über kurz oder lang, ausführlich über ihre konkreten politischen Ansichten Auskunft geben mussten. Im Interview mit der Wüsten Welle Tübingen wird deshalb mehr oder weniger kompetent, Stellung zur Ideologie der "Anti-Deutschen" innerhalb der deutschen Linken genommen.

Noch unkonkreter äußerte sich eigentlich nur noch Udo Jürgens: Dessen Äußerungen ("zu lasches Strafrecht"...) zum Thema "Gewaltbereitschaft bei Jungen mit Migrationshintergrund" waren selbst der nicht gerade als politikwissenschaftliche Fachzeitschrift bekannten Bild zu abstrakt.
 

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