Dienstag, Mai 06, 2008

Musikanten zu Fragen der Innen- und Außenpolitik #003

Besonders seit der Präsidentschaft von George W. Bush äußern sich in den letzten Jahren nicht nur in den USA wieder mehr Musiker zu politischen Themen. Der zugrunde liegende Sachverstand variiert dabei- ähnlich wie beim Rest der Bevölkerung- beträchtlich. Diese Rubrik versucht monatlich einen Überblick über politische Äußerungen von Pop-Acts in den Medien zu liefern.

Ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Herangehensweise mit der man als politisch denkender Musiker über gesellschaftliche Verhältnisse schreibt im Laufe eines Musikerlebens signifikant ändern kann, liefert Marcus Wiebusch (Kettcar). Im Spiegel-Interview geht es dabei auch um seine Texte bei seiner früheren Band ...But Alive. Aus heutiger Sicht waren diese viel expliziter politischer Natur, während Kettcar-Songs eher auf der zwischenmenschlichen Ebene anzusiedeln sind. Den Vorwurf er sei deshalb unpolitischer geworden, lässt er jedoch nicht gelten, der Wandel spiegele vor allem auch einen anderen politischen Zeitgeist wieder: Das neue Album der Band sei sogar bewusst mit der Vorgabe geschrieben worden, die Unzufriedenheit an der aktuellen gesellschaftlichen Situation zu artikulieren. Da sich jedoch auch die politische Welt heutzutage viel komplexer darstelle, sei es schwieriger geworden hierauf adäquate Antworten im Parolen-Format zu liefern.

Obgleich man das musikalische Schaffen von Chris de Burgh im besten Falle ignorieren kann, ist das diplomatische Vorspiel seines möglichen Auftritts als erster westlicher Popmusiker seit der Islamischen Revolution (1979) im Iran dennoch interessant zu verfolgen. Während islamische Mullahs Popkonzerte seitdem aus religiösen Gründen untersagt hatten, wäre ein Auftritt des Iren von Seiten des iranischen Kulturministeriums im Jahr 2008 durchaus möglich. Der Musiker will sich laut Spiegel-Meldung dennoch nicht politisch vereinnahmen lassen und gibt an: "Ich freue mich, dass meine Musik in Iran gefällt. Ich singe für die Menschen, nicht für Regierungen."

Abschließend wieder mal US-Wahlkampf: Michael Stipe (R.E.M.) engagiert sich diesmal weniger als noch 2004. Er würde sich Barack Obama als Präsidenten wünschen, weil dieser nicht Teil des Washingtoner-Establishments ist. Generell vertritt er im Interview mit den Nürnberger Nachrichten die Ansicht, dass durch Popmusik alleine kaum gesellschaftliche Veränderungen möglich sind. Musiker wie er könnten allenfalls hierfür einen Anstoß liefern. Auch Tariq Trotter (The Roots) unterstützt Obama- Hauptgrund: Obama wird als Politiker wahrgenommen, der kaum Verbindungen zu den großen Konzernen hat und stelle somit ein Gegengewicht zu diesen dar. Am meisten besorgt ist er über den Klimawandel und die hohe Kriminalitätsrate. Im Spiegel-Interview gibt er zudem an, sich auch nicht zu schade für die Basis-Arbeit vor Ort der Obama-Kampagne zu sein. Weitere neue Obama-Unterstützer laut taz: Bruce Springsteen, Pearl Jam, Dave Matthews und der Jazzer Herbie Hancock.
 

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