Samstag, Januar 06, 2007

Review: Knarf Rellöm Trinity-Move Your Ass & Your Mind Will Follow

"Verblüffend, aber plausibel haben die Pet Shop Boys jüngst gegenüber Spex erklärt, dass sie im Gegensatz zu Bands wie Kaiser Chiefs oder The Kills vom Punk kommen, während “die Musik” bei den heute als Punkrock gehandelten Bands “nichts anderes repräsentiert als sich selbst”. Und mit Punk meinte Neil Tennant: ein Anliegen, Kritik, Ausdruck von Unbehagen. “It’s more than music”, wie es in der Szene einmal hieß." (Martin Büsser 2006. In: Intro Nr. 140.)

Dass sich die beiden gesellschaftlichen Sub-Systeme Popkultur und Politik nicht unabhängig voneinander entwickeln ist unbestritten. Wie sieht es jedoch mit der Beziehung zwischen diesen beiden genauer aus? Beeinflussen nur die politischen Verhältnisse die Popkultur oder gibt es auch einen Kausalitätspfeil in die andere Richtung? Während sich für die erste Annahme (Politik beeinflusst Pop) musik-historisch eine Vielzahl von Belegen finden lässt, war die Frage, in wie weit sich durch Pop-Musik tatsächlich die politischen Verhältnisse verändern lassen, stets umstritten. Während in den Hochzeiten des politischen Protestsongs diese Frage wohl von einer Mehrheit bejaht wurde, machte sich seit dem Ende der 1980er Jahre eine immer größere Skepsis breit. Ein Teil der progressiven Pop-Kultur der 1990er fand daraufhin das "politische im Privaten" bzw. konzentrierte sich auf "Micro-Politics".

Mit dieser zweiten Frage beschäftigt sich auch Knarf Rellöm auf seinem aktuellen Album "Move Your Ass & Your Mind Will Follow" (zick zack/ what's so funny about 2006): Ausgehend von einem Sun Ra-Zitat, welcher "Musik als Treibstoff für Raumschiffe" sieht, erkennt Rellöm in ihr das Potential für das Hinterfragen gesellschaftlicher Verhältnisse. Vor allen Dingen die aktuelle Entwicklung des sogenannten "Indie-Rocks" hin zu immer belangloseren Inhalten scheint ihm dabei gründlich zu missfallen:

"No Indie Rock Please
Leave My House Right Now!
I Hate You So Much!"
(aus: LCD Is Playing At My House)

Daneben wird in Songs wie "AKD" (aktuelle Patriotismusdebatte) oder "Talkin' Techno" (Übernahme von vormals exklusiv-linken Codes durch die extreme politische Rechte) Stellung zu aktuellen gesamtgesellschaftlichen Fragen genommen.

Anstatt ganze Geschichten zu erzählen, sind die meisten Lieder weitgehend auf deutsch- und englischsprachige Slogans bzw. popkulturelle Zitate reduziert. Vom musikalischen Aufbau her, sind die Songs der Knarf Rellöm Trinity wohl deshalb am ehesten als "Slogan Pop" zu bezeichnen, einem Begriff, den man in den letzten Jahren z.B. auch häufig im Zusammenhang mit dem musikalischen Output des (völlig unpolitischen) Taylor Savvy (Album: Ladies & Gentlemen auf kitty-yo) las. Das Album bewegt sich dabei zumeist in Uptempo -"Disco-Punk"-Gefilden, unterbrochen von Hörspiel-Parts. Das Tempo wird aber auch in einzelnen regulären Stücken wie dem "Guns Of Brixton"-artigen Reggae-Stück "What's That Music" etwas gedrosselt. Neben textlichen Popkultur-Zitaten finden sich ebenfalls zahlreiche musikalische Verweise, wie z.B. in "Außerplanetarische Opposition" (The Prodigy u.a.: Out Of Space) oder bei "LCD Is Playing At My House" (Black Eyed Peas: My Humps). Durch den hohen Namedropping-Anteil im letztgenannten Track, fühlten sich auch bereits andere Blogger frappierend an "Hyper Hyper" von Scooter (!) erinnert.

Sowohl eine Audio- als eine Video-Version von "LCD Is Playing At My House" findet man auf den Download-Seiten des Bayerischen Rundfunks.
Knarf Rellöm-LCD Is Playing At My House (Studio-Mp3, Live-Mp3, Live-Video)@BR-Onine: Bavarian Open Source

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